Wahlkampf zwischen Heringen · Höchster Kreisblatt

Kelkheim Heringsessen im Alten Rathaus Münster
Auftritt der drei Bürgermeisterkandidaten

v. l. Patrick Falk (FDP, tritt als Unabhängiger an), Peter Piesch (Vorsitzender Bürgervereinigung Alt Münster), Sabine Bergold (CDU), Bernd Geis (Wirt Altes Rathaus), Wolfgang Pfankuch, Albrecht Kündiger (UKW)

Das Rennen um den Rathauschefsessel ist längst eröffnet. Wir haben das Trio bei einem Heringsessen beobachtet.

Münster. Bernd Geis hat der urigen Gaststätte im Alten Rathaus wieder zu neuem Schwung verholfen. Und politisch interessiert ist der Mann auch – kein Wunder, saß er doch für die FDP im Stadtparlament. Am Aschermittwoch kann der Wirt die Leidenschaften kombinieren – gutes Essen und Kommunalpolitik. Mit der Bürgervereinigung „Alt Münster“ hat Geis die drei Kelkheimer Bürgermeisterkandidaten eingeladen. „Einzeln kriegt man die überall, aber en bloc nicht“, sagt er. Die Idee ist einfach: Bei einer Portion Heringen den Bewerbern auf den Zahn fühlen – an jedem Tisch bleibt ein Platz frei, dort klebt ein Zettel mit Namen: Sabine Bergold, Albrecht Kündiger, Patrick Falk.

Die CDU-Frau ist die erste Kandidatin, die kurz nach 19 Uhr eintrifft. Wie ihre Kontrahenten kommt sie vom Heringsessen der Hornauer Feuerwehr, wo mit bis zu 200 Gästen deutlich mehr los ist. Im familiären Umfeld in Münster sind aber die Chancen besser, sich einen angehenden Bürgermeister zu schnappen. Das macht Peter Piesch, Chef der Bürgervereinigung, sofort. Sabine Bergold ist am „Stammtisch“ gleich mittendrin, erfährt, dass der Verein 1975 gegründet wurde und vom 12. bis 14. Juni Dallesfest in Münster feiert. Wie passend: Am 14. Juni ist Bürgermeisterwahl, und Piesch möchte gerne einen Tag davor im Festzelt noch eine Podiumsdiskussion mit den Bewerbern anzetteln. Bergold sagt spontan zu, erinnert aber daran, dass das Kreisblatt eine solche Veranstaltung zuvor plane. Falk ist ebenfalls dabei, und Kündiger betont, er habe da noch nichts vor.

Der UKW-Mann läuft als Zweiter im Alten Rathaus ein, sein „Fahrer“ ist Stadtrat Wolf-Dieter Hasler. Beide müssen noch zum politischen Aschermittwoch der Grünen in Hattersheim, wo von Kündiger „deutliche Worte“ erwartet werden. Bei der Bürgervereinigung geht’s moderater zu. Auf „Du und Du“ mit Geis und anderen Gästen ist der Kandidat schnell mittendrin im Geschehen, lässt sich später länger bei Dieter Stark von der Lokalen Agenda nieder. Sie streifen den Unfall der Schülerin am Bahnübergang, landen aber schnell in der Politik und der von der CDU beantragten Verkleinerung des Magistrats. „Ein Bürgermeister kann nicht überall gleichzeitig sein. Und es müssen alle Fraktionen im Magistrat vertreten bleiben“, betont Kündiger. Stark, Werner Brech und seine Frau Anette hören interessiert zu. Brech ärgert sich über das Polit-Theater in Eschborn und die hohen Kosten für Fluglärmmessungen vor Jahren. Er regt statt dessen solche Messungen auf der Fischbacher Straße an, zudem müsse der Blitzer dort scharf geschaltet werden.

Es sind zwei von vielen eher kleinen Themen, die den Leuten unter den Nägeln brennen. So wie Maria Thüül, die gleich am Eingang erst Kündiger, dann Patrick Falk (FDP, tritt als Unabhängiger an) empfängt – und zwar mit ihrem nicht neuen Wunsch, mehr Tempo-30-Zonen in Münster zu erreichen. „Wir sind immer für alternative Verkehrsmodelle“, sagt Kündiger, während sich Falk mit FDP-Fraktionschef Heinz Kunz auf seine Begrüßungsrunde macht. Der Ruppertshainer hat noch zwei weitere Heringsessen vor sich – bei den Münsterer Schützen und den Narren vom AKK, wo er Senator ist. Die Stimme habe aber nicht wegen der Fassenacht, sondern aufgrund einer Erkältung gelitten. Maria Thüül ist hin und hergerissen. Kündiger kenne sie als „super Oppositionsführer“ schon lange, für Bergold spreche, „dass Bürgermeister Horn sie empfohlen hat“. Und den FDP-Mann „kann ich mir ja mal näher ansehen“, sagt die Leiterin der Euro-Treffs im Kulturbahnhof.

Tierheim und Markt

Sabine Bergold ist unterdessen mit ihrer Begleiterin, Stadtverordnete Birgit Brause, zwei Tische weiter gezogen. Sie wollen später noch zur CDU-Fraktionssitzung, genießen aber erst einmal gemütlich den Hering – so wie Falk und Kündiger an Nebentischen. Bergold ist unter anderem bei Brigitte und Günter Klepper angekommen. Beide engagieren sich fürs Tierheim. Sie sei für ein neues Haus, betont die CDU-Frau und wolle die Helfer demnächst mal besuchen. Auch bekennt sich Bergold zu einem Lebensmittelmarkt in Münster – nur sei die Standortfrage nicht so leicht zu lösen, erfährt Brigitte Klepper.

Nun sitzt Falk nebenan, während Bergold zum „Agenda-Tisch“ wandert. Dass an der Weilbacher Straße Sozialwohnungen auch für Flüchtlinge gebaut werden sollen, sei „wohl ein Gag von Herrn Kunz gewesen“, erkundigt sich Klepper nach dem Antrag der FDP, der aber wohl hinfällig sein wird (siehe Text unten). Keinesfalls, entgegnet Falk, es gehe darum, an dieser Stelle statt Einfamilienhäusern „bezahlbaren Wohnraum“ zu schaffen. Und schon beginnt eine Diskussion über zu hohe oder angemessene Mieten für Sozialwohnungen, in die sich auch der Kelkheimer Architekt Walter Fuß einklinkt.

„Ich finde es positiv, dass sich die drei Herrschaften hier im kleinen Kreis stellen“, lobt Günter Klepper. „Auch wenn die Fragen nicht immer ganz angenehm sind.“ Doch das Trio macht nicht den Eindruck, sich unwohl zu fühlen. Im Gegenteil: Es laufen angeregte Gespräche – schon mit der Uhr im Blick, schließlich warten weitere Termine in Zeiten des Wahlkampfs, der jetzt so langsam anläuft. Da stehen die Drei gerne zu Fotos bereit – sei’s fürs Kreisblatt oder wenig später für Fotograf Wolfgang Pfankuch, der als Lokal-Gast die Gespräche der Kandidaten spontan ablichtet.

Kommunikation pflegen

Bernd Geis und Peter Piesch sind zufrieden. „Es war gut, dass sie sich den Bürgern vorgestellt haben“, freut sich der Vereinschef über mehr Gäste als erwartet. Bürgermeister Horn werde schon „einige Baustellen hinterlassen“, da habe der neue Chef „eine Menge zu tun“. Piesch rät, „die Kommunikation untereinander zu pflegen“ und hat mit der Aktion im Alten Rathaus einen Baustein beigesteuert. Das findet Geis ebenfalls: „Von der Sache fanden es alle gut. Das sollte man öfters machen.“ Er selbst hält sich am Abend bescheiden im Hintergrund, lässt die Bürger reden. Dabei hätte er schon ein wichtiges Anliegen: Im Alten Rathaus gebe es einen Renovierungsstau, weiß der neue Wirt – es ist eines von vielen kleinen Themen, mit denen sich die drei Kandidaten bis zum 14. Juni nun beschäftigen können.

(wein)

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